Porta Paradisi – Auswege aus der Hölle
Ensemble RESONEZ
Mit seinem mittelalterlichen Programm Porta Paradisi – Auswege aus der Hölle beleuchtet das Ensemble RESONEZ die Frage nach dem Zugang zum Paradies. Wo und wie findet man das unendliche Glück im Paradies? Seit dem Mittelalter glaubte man nicht nur an einen himmlischen Ort der Ruhe nach dem Tod, es wurde auch bereits auf Erden nach dem verborgenen Garten Eden gesucht, teils sogar auf abenteuerlichen Forschungsreisen. Mehr noch als die Angst vor der Hölle inspiriert die Sehnsucht nach ungeteiltem Glück Menschen bis heute zur Entwicklung ihrer höchsten Ideale und Kapazitäten und zur Schaffung ihrer ergreifendsten Kunstwerke.
Zwei Eckdaten spielten bei der Ausarbeitung dieses Programms eine wichtige Rolle. Vor rund 800 Jahren, 1221, wurde in Toledo Alfonso X el Sabio geboren, dem wir die Liedersammlung der Cantigas de Santa Maria verdanken; 1321 ist das Todesjahr von Dante Alighieri, in welchem er seine Divina Commedia beendete.
Ausgewählte spanische, französische und italienische Musikstücke aus dem 13. und 14. Jahrhundert zeigen den klanglichen Reichtum dieser Zeit, und auf wie unterschiedliche Art von Leben und Tod, von Himmel und Hölle die Rede sein kann. Die grosse musikalische Vielfalt der verwendeten Handschriften gibt jeweils einen neuen Blickwinkel auf dieses ewig aktuelle Thema.
Maria matrem virginem, Llibre Vermell
Von den Cantigas de Santa Maria haben viele eine mitreissend tänzerische Musik. Eine davon erzählt die Geschichte eines Mönchs, der die Heilige Jungfrau so inständig darum bat, ihm einen Vorgeschmack des Paradieses zu geben, dass er beim Anhören eines Vogels, der im Garten sang, im Gebet versunken blieb. Bei seiner Rückkehr ins Kloster erkannte er niemanden mehr, denn es waren dabei nicht weniger als 300 Jahre vergangen!
Ernstere, philosophische Gedichte bilden die Grundlage für die Motteten und Conducti aus der Pariser Notre Dame Schule, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert. Diese erhabene Musik fand in ganz Europa Verbreitung. Auch im Codex Las Huelgas aus dem spanischen Burgos finden sich eine Vielzahl dieser wundervoll archaisch klingenden Polyphonien im Pariser Stil, darunter etwa Belial vocatur.
Aus dem 14. Jahrhundert stammt das berühmte Llibre vermell de Montserrat, eine katalanische Handschrift mit geistlichen Liedern und Tänzen von eher volkstümlicher Prägung. Ad mortem festinamus ist einer der ersten überlieferten Totentänze, der auf schwindelerregende Art alle Laster aufzählt, die uns den Weg ins Paradies versperren.
Der Laudario de Cortone ist eine Sammlung von Lobliedern aus dem 13. Jahrhundert, deren eingängige Melodien die Seele wärmen. Aus dem ebenfalls italienischen Codex Rossi des 14. Jahrhunderts stammt als eines der instrumentalen Stücke des Programms die Ballata Lucente stella, die uns in andere Sphären entrückt.
Durch kurze erzählerische und erklärende Momente, in denen die Musikerinnen dem Publikum den Inhalt der Lieder und den musikalischen Kontext nahebringen, wird auch Familien das Programm erfahrbar gemacht. Manche dieser wunderbaren alten Gedichte werden auf poetische Art auch in moderner Sprache vorgetragen.
Ensemble RESONEZ
Angélique Greuter, Gesang
Ann Allen, Douçaine, Blockflöten und Gesang
Marie Verstraete, Fidel und Blockflöten
Die Blockflötistin und Fidelspielerin Marie Verstraete und die Sängerin Angélique Greuter lernten sich 2011 bei einem Mittelalterkurs von Benjamin Bagby und Marc Lewon in Belgien kennen und entwickeln seitdem gemeinsam Konzertprogramme. Ann Allen studierte an der Schola Cantorum in Basel Barockoboe und Schalmei, bevor sie sich ebenfalls dem Gesang zuwandte. Mit ihr wurde das Ensemble 2021 zum Trio. Sich abstützend auf historische Recherchen – sie transkribieren die Originalhandschriften gewöhnlich selbst – beziehen die Musikerinnen auch ihre eigenen künstlerischen Persönlichkeiten und Erfahrungen mit ein, um dem heutigen Ohr die Musik aus früheren Jahrhunderten zugänglich zu machen. Das Ergebnis ist eine lebendige mittelalterliche Musik, die für heutige Zuhörer:innen überraschend schön, spannend und mitreissend wirkt. Ihre ausdrucksstarke Interpretation wird getragen durch hohe Musikalität und technische Meisterschaft. Als leidenschaftliche Sprecherinnen lieben es die Künstlerinnen, das Publikum mit ihrer szenischen Präsenz auf eine Reise mitzunehmen, bei der Musik und Text im harmonischen Wechsel stehen.
Nebst Auftritten in romanischen und gotischen Kirchen (Kartäuserkirche Basel, Wehrkirche St Arbogast in Muttenz, Collégiale von St Ursanne, Romanische Kirche von Kleinhöchstetten) spielte das Ensemble ebenfalls in der renommierten Sammlung mittelalterlicher Textilien der Abegg-Stiftung im Kanton Bern.